Im Jubiläumsjahr des Presseclubs gehen wir mit dem Medienpreis neue Wege. Nach Print suchen wir den Preisträger jetzt im Genre „Film und audiovisuelle Medien“. Fündig werden wir bei den Independent Days / Internationale Filmfestspiele in Karlsruhe. In einer eigenen Kategorie „4. Gewalt“ werden vier Kurzfilme vorgestellt, die allesamt preiswürdig sind.
Wir haben uns intern sehr lange und sehr intensiv mit diesen Beiträgen beschäftigt, diskutiert, argumentiert, bewertet. Sie gingen unter die Haut – jeder auf eine andere, sehr spezielle Art. Dann stand unser Votum fest.
Der Preisträger des Presseclubs Karlsruhe heißt „Istina – Truth“, die Wahrheit.
Dieser Film hat uns emotional und inhaltlich geflashed. Weil er ganz sachlich und ungeschönt die Wahrheit offenlegt: Man muss nicht in Kriegsgebieten arbeiten, um in Lebensgefahr zu geraten.
Die Gewaltbereitschaft, die Zerstörungswut und der blanke Hass auf alles, was nicht der eigenen Überzeugung entspricht, ist in manchen Gesellschaftsschichten ganz real.
Dabei hatte die junge Fotojournalistin ihrer Tochter versprochen: „It will never happen again.“ – Es wird nie wieder passieren. Das war ein Trugschluss. Denn das, was sie in Belgrad erlebt, holt sie auch in Deutschland wieder ein.
Im Zentrum der Handlung steht eine junge Pressefotografin. Sie wird nicht nur auf ihre Arbeit reduziert. Sondern sie ist in diesem Film auch Mutter, Tochter, Geliebte, Kollegin. Sie erlebt malerische Sonnenaufgänge, erfährt Unterstützung und die Geborgenheit in ihrer häuslichen Umgebung.
Parallel zu diesen ganz privaten, liebevollen Szenen kommt es immer wieder zu einem harten Schnitt. Dann sieht man sie mit der Kamera, quasi an der Front. Nicht im Krieg, sondern im Fokus gewaltbereiter Demonstranten.
Wir erleben in diesem Film aber auch die Passion, mit der sie ihre Arbeit lebt. Sie versteht ihr Handwerk und erkennt auch kleine politische Statements. „Du bist die Beste“, sagt ihre Redakteurin.
Aber um welchen Preis? Sie erlebt immer wieder verbale Entgleisungen und physische Gewalt beim Fotografieren. Die Frau provoziert, einfach nur durch ihre pure Anwesenheit. Sie wird zum Feind, zum Freiwild, das gejagt wird.
Erst werden die Redaktionsräume verwüstet, dann ihre Wohnung, dann richtet sich die Gewalt gegen sie selbst. Trotz brutaler und beängstigender Übergriffe liebt sie ihren Beruf und will ihn nicht aufgeben.
Nein, es gibt keinen versöhnlichen Schluss.
Uns allen hält „Istina“ den Spiegel vor. Wir dürfen nicht wegschauen. Das geht uns alle an. Denn solche Übergriffe, wie sie im Film thematisiert werden, fanden im vergangenen Jahr allein in Deutschland 41 Mal statt (Info: Reporter ohne Grenzen).
Irmgard Duttenhofer
Fotos: Jürgen Rösner und Robert Fuge